Es war ein stiller Nachmittag im Haus, und die Katzenbande döste friedlich vor sich hin. Die Sonne warf sanfte Lichtflecken auf den Teppich, und eine wohltuende Ruhe lag über dem Wohnzimmer. Doch plötzlich ertönte ein leises „Miau?“, gefolgt von einem aufgeregten Schnurren. Minka, die schneeweiße Katze mit den strahlend blauen Augen, hatte etwas Spannendes entdeckt – etwas, das ihre Neugierde sofort weckte.
Auf dem Badezimmerregal stand es: ein kleines, glänzendes Döschen mit einem verführerischen Duft. Minka schlich auf leisen Pfoten näher und blinzelte neugierig. „Was ist das wohl?“, murmelte sie und stupste das Döschen vorsichtig mit der Pfote an. Es kippte um, und der Deckel sprang auf. Darin befand sich eine weiche, farbige Paste.
„Oh, das riecht gut!“, schnurrte Minka. Sie beugte sich vor und leckte vorsichtig daran. Der Geschmack war nicht so toll, aber es fühlte sich interessant an. Minka zog die Nase kraus und betrachtete ihr Spiegelbild in der glänzenden Badezimmerarmatur. „Ich frage mich… könnte das mich noch schöner machen?“
Schnell tunkte sie eine Pfote in die Paste und begann, sie vorsichtig auf ihrem Gesicht zu verteilen. Sie strich sich die rote Farbe großzügig über die Nase, dann um die Augen herum, und schließlich tupfte sie noch etwas davon auf ihre Schnurrhaare. „Miau, das sieht doch gar nicht so schlecht aus“, schnurrte sie zufrieden.
Doch dann entdeckte sie eine weitere Flasche auf dem Regal. Sie streckte sich, sprang auf die Kante des Waschbeckens und riss die Flasche mit einem Schwung vom Regal. Plumps! Sie landete auf dem Boden und rollte ein Stück weg. Der Deckel löste sich, und ein pudriges, rosafarbenes Pulver stäubte heraus.
„Ohhh“, miaute Minka begeistert. „Noch mehr Farben!“ Ohne nachzudenken, tauchte sie ihren Kopf direkt in das Pulver. Ihre schneeweißen Ohren färbten sich sofort rosa, und als sie den Kopf hob, wirkte sie wie ein kleiner, pastellfarbener Schneemann. Sie schüttelte sich, und eine kleine Wolke aus rosa Staub schwebte durch die Luft.
In diesem Moment kam Felix ins Badezimmer geschlichen. Er hielt inne und starrte Minka mit großen Augen an. „Minka!“, rief er laut und sprang begeistert auf sie zu. „Was machst du da? Du siehst… unglaublich aus!“
Minka drehte sich mit einem selbstzufriedenen Lächeln zu ihm um. „Oh, danke, Felix! Ich dachte, ich könnte mich ein bisschen hübscher machen. Was meinst du, sieht das gut aus?“
Felix blinzelte sie an, dann grinste er breit. „Das sieht fantastisch aus! Warte hier, ich hole noch mehr von diesen Dingern. Vielleicht gibt es noch mehr Farben!“
Bevor Minka etwas sagen konnte, war Felix bereits aus dem Badezimmer geflitzt und kam kurz darauf mit einem Lippenstift, einer Lidschattenpalette und – zu Minkas Verwunderung – einem Rougepinsel im Maul zurück.
„Schau mal!“, rief Felix triumphierend und ließ die Sachen vor Minka fallen. „Ich habe noch mehr gefunden! Du kannst noch bunter werden!“
Minka schnurrte begeistert. „Danke, Felix! Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen.“
Schnell schnappte sich Minka den Lippenstift und begann, die pinke Farbe großzügig über ihre Schnauze zu verteilen. Felix nahm den Pinsel und stippte damit in das Rouge, das ihm auf den ersten Blick wie feiner roter Sand vorkam. Vorsichtig strich er damit über Minkas Wangen.
„Miau, sieh dich an!“, rief Felix und betrachtete Minka voller Bewunderung. „Du bist die schönste Katze im ganzen Haus!“
Gerade als Minka sich über das Kompliment freute und stolz ihr neues Aussehen im Spiegel bewunderte, schlich Max um die Ecke. Der orange-weiß getigerte Kater hielt inne, als er Minka sah, und dann… platzte er in schallendes Gelächter aus.
„Was zur Katzenwelt ist denn mit dir passiert?!“, prustete Max, fiel auf den Rücken und trat wild mit den Pfoten in die Luft. „Du siehst aus wie… wie… eine zerplatzte Farbeimer-Katastrophe!“
„Was?!“, fauchte Minka und trat wütend einen Schritt auf Max zu. „Das ist Schminke! Menschen benutzen das, um sich schöner zu machen. Also habe ich das auch gemacht. Felix findet es klasse!“
Felix nickte eifrig. „Ja, wirklich! Sie sieht toll aus, oder?“
Max schüttelte sich und versuchte, sich wieder zu beruhigen. „Na, wenn du ‚toll‘ mit ‚lächerlich‘ meinst… Dann, ja, sie sieht unglaublich ‚toll‘ aus!“, rief er kichernd.
„Hmpf!“, fauchte Minka und drehte sich beleidigt weg. „Was verstehst du schon von Stil, Max? Du bist ja nur neidisch!“
Doch Max konnte sich nicht zurückhalten. „Neidisch? Auf dich? Na, sicher nicht! Du siehst aus, als hätte man dich in einen Regenbogen getunkt und dann durch eine Zuckerwatte-Maschine geschleudert! Warte, ich nenne dich jetzt ‚Minka, die bunte Katzenclownin‘!“
Minka fauchte wütend, ihr Fell sträubte sich, und sie machte Anstalten, Max einen ordentlichen Hieb zu verpassen, als plötzlich eine neue Stimme ertönte.
„Was ist hier für ein Theater?“ Die alte Gertrud schritt mit langsamen, gemessenen Schritten ins Badezimmer. Als sie Minka erblickte, öffneten sich ihre Augen überrascht. „Mein liebes Katzenkind, was hast du denn angestellt?“
Minka zuckte mit den Schultern und sah Gertrud verlegen an. „Ich wollte mich nur… schöner machen. Aber Max macht sich über mich lustig!“
Gertrud legte den Kopf schief und betrachtete Minka eine Weile, dann begann sie leise zu schnurren. „Oh Minka… das war eine kreative Idee, aber Schminke ist nicht für Katzen gedacht. Es ist amüsant, aber ich denke, du wirst dich damit nicht wohler fühlen.“
„Wirklich?“, fragte Minka leise und warf einen Blick in den Spiegel. Jetzt, wo sie es genauer betrachtete, sah sie tatsächlich eher aus wie ein kleiner, überladener Clown, als die elegante Schönheit, die sie sein wollte.
Gertrud trat näher, leckte sanft über Minkas Ohr und sagte: „Keine Sorge, ich helfe dir, das wieder in Ordnung zu bringen. Komm mit ins Wohnzimmer, wir machen dich sauber.“
Gertrud führte Minka mit ruhigem Schnurren aus dem Badezimmer. Max stolperte immer noch kichernd hinter ihnen her, während Felix schuldbewusst ein paar Schminkutensilien auf dem Boden auflas.
Im Wohnzimmer legte sich Minka auf den Teppich, während Gertrud mit langsamen, geduldigen Bewegungen begann, ihr das Gesicht sauber zu lecken. „Das ist das Schöne an uns Katzen“, sagte Gertrud sanft. „Wir sind von Natur aus schon wunderschön. Wir brauchen keine Schminke, um zu glänzen.“
Minka seufzte leise und entspannte sich unter Gertruds beruhigenden Bewegungen. „Danke, Gertrud. Du hast recht. Ich wollte nur… mal was Neues ausprobieren.“
„Das ist in Ordnung, mein Kind“, schnurrte Gertrud leise. „Es ist gut, neue Dinge auszuprobieren. Aber vergiss nie: Du bist bereits perfekt, so wie du bist.“
Max, der sich endlich beruhigt hatte, trat näher und nickte. „Ja, ja, schon gut. Tut mir leid, Minka. Du bist auch ohne Schminke hübsch genug. Keine Clown-Schminke mehr, versprochen!“
Felix schnurrte zustimmend und legte eine Pfote auf Minkas. „Du bist die schönste Katze im ganzen Haus, Minka – egal ob mit oder ohne Farben.“
Minka schnurrte leise und sah ihre Freunde dankbar an. „Danke, ihr Lieben.“ Dann zwinkerte sie Max schelmisch an. „Aber falls du das nächste Mal Lust hast, Max, ich kann dir gern ein Makeover verpassen.“
Max machte große Augen und sprang sofort einen Satz zurück. „Niemals!“, rief er und fauchte scherzhaft. „Ich bin ein stolzer Kater, kein buntes Katzenmädchen!“
Die Katzen brachen in gemeinsames Lachen aus, während Gertrud Minka weiter sauber leckte. Es dauerte eine Weile, bis das ganze Farbpulver aus ihrem Fell verschwunden war, aber am Ende war Minka wieder ihre alte, elegante Selbst – und eine Lektion reicher: Manchmal reicht es aus, einfach nur man selbst zu sein, ohne bunte Farbe und ohne Glitzer.

