Mein Verlags-Dilemma
Ich saß wieder einmal mit meinem Verleger am Tisch – nennen wir ihn einfach Herrn Federstrich, weil er alles genauso pedantisch geradeziehen will, wie seine Krawatte. Es ging um die heiß diskutierte Frage: In welche Kategorie soll mein Buch „Kurzgeschichten Teil 2 aus dem Katzenparadies“?
„Nun, das ist doch ganz einfach“, sagte Herr Federstrich und schob seine Brille auf der Nase zurecht. „Kinderbuch, richtig?“
Ich verzog das Gesicht, als hätte ich auf eine Zitrone gebissen. „Also, ja, aber… nicht nur. Es ist doch auch für Erwachsene!“
Herr Federstrich legte den Kopf schief, als würde ich auf Mandarin sprechen. „Also ein Katzenbuch für Erwachsene?“
„Nein, nein, nein!“, rief ich und wedelte mit den Händen in der Luft herum. „Es ist auch nicht so eine Art hochintellektuelles Werk für Katzenversteher, die ihre Mieze beim Meditieren beobachten und denken, sie sei die Wiedergeburt von Rilke. Das Buch ist einfach… lustig! Es ist für jeden was dabei!“
Herr Federstrich seufzte. „Aha, also doch Belletristik.“
„Um Gottes willen, nein!“ Ich kippte fast vom Stuhl. „Wenn da ‚Belletristik‘ draufsteht, denkt jeder, er muss dafür einen Literaturkurs belegt haben. Dann kauft das doch keiner!“
„Na gut“, murmelte er und notierte irgendwas auf einem Blatt. Wahrscheinlich kritzelte er einen wütenden Kater mit gesträubtem Fell. „Also: Kinderbuch für Erwachsene.“
Ich schlug mir die Hand vor die Stirn. „Was? Kinderbuch für Erwachsene? Wer hat denn sowas jemals gekauft?“
„Das war ein Witz.“ Federstrich blickte über den Rand seiner Brille. Kein Lächeln. Klarer Fall: Humorallergie. „Dann vielleicht ein Familienbuch?“
„Genau!“ Ich strahlte. „Das ist es! Ein Buch für die ganze Familie! Katzenfans aller Altersklassen werden es lieben!“
„Ein… Familienbuch also…“ Federstrich schüttelte den Kopf. „Gibt es nicht. Und Sie wissen das.“
„Dann schaffen wir eben eine neue Kategorie!“, sagte ich begeistert. „Etwas wie: ‚Bücher, die Kinder und Erwachsene beim Vorlesen in Lachanfälle treiben‘ oder ‚Lesevergnügen für Miezekatzen und Menschen‘!“
„Und die Buchhändler sollen dann neben Kinderbüchern, Belletristik und Sachbüchern ein Regal mit ‚Lesevergnügen für Miezekatzen und Menschen‘ aufstellen?“ Federstrich sah mich an, als hätte ich einen Beutel Katzenstreu auf seinen Schreibtisch gekippt.
„Warum nicht?“, fragte ich unschuldig. „Es gibt ja auch andere seltsame Kategorien. Zum Beispiel dieses Ding mit den Kochbüchern für Veganer-Hundebesitzer.“
„Das ist ein Trend!“, belehrte mich Federstrich streng.
„Na, wunderbar!“, rief ich. „Dann nennen wir es ‚Der neue Trend für Katzenliebhaber – Humor, Herz und Haarballen‘. Ein Trend, der in jedes Wohnzimmer gehört!“
Federstrich setzte sich hin, verschränkte die Arme und starrte mich an. „Hören Sie, wir müssen hier eine realistische Kategorie finden. Kinderbuch, Belletristik, Ratgeber – das sind unsere Optionen.“
„Ratgeber?“ Ich lachte auf. „Soll ich noch Anweisungen reinpacken, wie man eine Katze dazu bringt, nicht mitten in der Nacht durchs Haus zu rasen? Oder Tipps, wie man den perfekten Platz für ein Mittagsschläfchen findet?“
Er hob eine Augenbraue. „Haben Sie solche Tipps?“
„Nein, natürlich nicht!“, entgegnete ich. „Die erste Regel im Katzenratgeber lautet: Die Katze tut, was sie will. Regel Nummer zwei: Die Katze tut, was sie will. Und Regel Nummer drei…“
„…die Katze tut, was sie will“, vollendete er den Satz seufzend.
Ich nickte begeistert. „Sie verstehen es doch! Sehen Sie, genau so ist das Buch auch. Katzen sind nicht in eine Schublade zu stecken, und mein Buch eben auch nicht!“
„Also Belletristik.“
„Das sag ich nicht noch mal!“ Jetzt war ich wirklich in Rage. „Das Buch ist alles. Es ist Kunst, Literatur, Kindergeschichten, Erwachsenengeschichten, Katzenporträts und Seelenheilsucher in einem! Es ist…“
„Ein wunderbares Buch“, unterbrach er mich mit einem leichten Lächeln. „Das wissen wir beide. Aber es muss in ein Regal passen.“
Ich überlegte kurz und grinste dann breit. „Dann machen wir’s eben so: Nennen wir es ‚Kurzgeschichten Teil 2 aus dem Katzenparadies – Ein Buch für Menschen, die von Katzen gebissen, gekratzt und trotzdem geliebt werden‘. Stellen Sie das einfach in alle Kategorien!“
Federstrich schüttelte den Kopf, doch sein Lächeln blieb. „Ich werde sehen, was ich tun kann.“
Und so verließ ich das Büro mit der leisen Hoffnung, dass mein Buch vielleicht bald in jeder Kategorie zu finden sein würde. Wer weiß, vielleicht sogar im Bereich Kochbücher. Schließlich ist die Zubereitung einer Dose Katzenfutter auch eine Kunst für sich.

