Gertrud zieht ein

Kurzfassung aus dem Buch: „Abenteuer im Katzenparadies“

Minka war genervt. Es hatte so gut angefangen: Ein sonniger Morgen, das Gras funkelte im Tau, und sie hatte gerade die perfekte Position auf der Terrasse gefunden. Aber dann begann die Unruhe. Menschen liefen hektisch hin und her, ein großer Karton wurde gebracht, und plötzlich stand sie da: Gertrud.

Gertrud war schneeweiß, rundlich und selbstbewusst. Sie ließ sich mit einem tiefen Seufzer direkt auf Minkas Lieblingskissen nieder. „Oh, fast wie zu Hause!“, schnurrte sie und schloss die Augen. Minka starrte fassungslos. „Wie bitte? Einfach mein Platz? Ohne auch nur ein Schnurren als Entschuldigung?“, dachte sie empört. Aber statt eines Streits zog sie sich schmollend zurück ins Haus.

Max und Felix, die anderen Kater im Garten, schienen die neue Mitbewohnerin sofort ins Herz zu schließen. Max, stets gelassen, begrüßte sie freundlich: „Herzlich willkommen, Gertrud! Du wirst dich hier sicher wohlfühlen.“ Felix hingegen plapperte ohne Pause: „Kannst du springen? Weißt du, wie man Mäuse fängt? Ich kann dir alles zeigen!“ Gertrud öffnete nur ein Auge und schnurrte leise: „Danke, aber ich bin eher für gemütliche Kissen und ruhige Tage.“ Und mit einem zufriedenen Blick auf Minkas Kissen fügte sie hinzu: „Das hier scheint genau das Richtige für mich zu sein.“

Minka brodelte. Das war nicht nur ihr Platz – das war ihr Königreich! Und nun saß da diese Fremde, die sich einfach alles nahm. Um den Ärger zu krönen, gab es abends nicht einmal Lachshäppchen, sondern Trockenfutter! Trockenfutter! „Das kann doch nicht mein Leben sein“, murrte Minka leise und war entschlossen, Gertrud zu ignorieren.

Die Tage zogen sich hin, und die anderen Katzen schienen sich blendend zu amüsieren. Nur Minka, die sich weiterhin weigerte, sich mit Gertrud anzufreunden, fühlte sich ausgeschlossen. Dann, an einem besonders langweiligen Nachmittag, hörte sie Felix laut rufen: „Minka! Du musst das sehen!“ Genervt trottete sie hinaus.

Im Garten saßen Gertrud, Max und Felix, umringt von einer Schar bunter Schmetterlinge. Felix hüpfte begeistert umher, und Max beobachtete das Spektakel mit einem breiten Grinsen. „Das ist das wahre Abenteuer!“, rief er fröhlich. Minka blieb stehen und betrachtete die Szene. Die farbenfrohen Flügel der Schmetterlinge, das leise Summen der Bienen – es sah tatsächlich wunderschön aus.

Gertrud, die Minka nun ansah, lächelte leicht. „Weißt du, Minka, manchmal muss man einfach loslassen. Neues zulassen. Vielleicht ist es sogar besser, als du denkst.“ Minka blinzelte überrascht. War das ein Ratschlag? Oder nur eine höfliche Bemerkung? Unsicher setzte sie sich neben Gertrud.

„Vielleicht“, murmelte Minka schließlich leise und ließ sich langsam ins Gras sinken. Sie beobachtete die Schmetterlinge, die über ihre Köpfe hinweg flatterten, und fühlte, wie die Unruhe allmählich nachließ.

„Vielleicht ist es wirklich nicht so schlimm, wenn das Kissen mal nicht aus Samt ist“, dachte sie und bemerkte ein kleines, zufriedenes Schnurren, das aus ihrer Kehle drang. Während die Sonne über dem Garten unterging, begann Minka zu verstehen, dass nicht nur flauschige Kissen, sondern auch kleine Abenteuer das Leben spannend machten.

Vielleicht war das neue Leben gar nicht so schlecht.



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