Es war einer dieser entspannten Nachmittage im Garten, an denen die Sonne so warm auf die Erde schien, dass selbst der quirligste Kater normalerweise einfach nur in der Sonne döste. Aber heute war etwas anders. Irgendetwas lag in der Luft. Eine Verschwörung! Zumindest war Felix davon überzeugt.
„Ich sag’s euch, Gertrud versteckt was“, flüsterte Felix und sah sich nervös um. Seine grünen Augen blitzten verschwörerisch auf, während er seinen Kopf ein wenig tiefer zwischen die Schultern zog, als könnte die alte, dicke, weiße Katze jeden Moment hinter einem Busch hervorspringen.
Minka schnippte mit dem Schwanz und verdrehte die Augen. „Felix, du spinnst. Gertrud ist faul, alt und will ihre Ruhe. Was sollte sie denn bitte verstecken? Ihren Schönheitsschlaf?“
„Oder ihren Verdauungsschlaf“, kicherte Max, der orange-weiße Nachbarkater, der sich begeistert auf das Drama stürzte. „Aber ehrlich, Felix, was macht dich so sicher?“
Felix zuckte mit den Schultern. „Ich hab sie gestern gesehen! Sie ist heimlich in die Garage geschlichen, ganz langsam, und hat sich da eingeschlossen. Und dann… dann hab ich etwas gehört! Es klang, als hätte sie ein Versteck geöffnet. Ihr wisst schon… so ein Kratz-Knister-Geräusch. Vielleicht hortet sie… Leckerlis!“
Max schnappte nach Luft, als hätte er gerade den Jackpot gewonnen. „Leckerlis?! Gertrud? Das passt ja überhaupt nicht! Aber wenn es wahr ist… Felix, wir müssen das herausfinden!“
„Ihr seid echt verrückt“, miaute Minka. „Gertrud mag alt sein, aber Leckerlis? Sie ist doch so faul, dass sie die Leckerlis eher zu sich rufen würde, als irgendwohin zu gehen.“
„Komm schon, Minka, was, wenn Felix recht hat? Was, wenn sie ein geheimes Lager hat? Für harte Zeiten! Ein geheimer Bunker voller köstlicher Snacks!“, schwärmte Max, während ihm fast der Speichel aus dem Maul tropfte.
Minka blinzelte langsam, schüttelte leicht den Kopf, aber ihre Neugier war geweckt. „Na gut, aber nur, um euch beide zu beruhigen. Ich bezweifle, dass Gertrud überhaupt den Weg in die Garage findet, ohne zwischendurch ein Nickerchen einzulegen.“
Und so begann Operation „Leckerli-Bunker“. Die Katzen schlichen sich langsam durch den Garten, immer wieder nervös zurückblickend, um sicherzustellen, dass die alte Dame nicht in der Nähe war. Tatsächlich war Gertrud nirgendwo zu sehen – sie lag wie ein massiver Fellberg auf ihrem Lieblingskissen in der Sonne und schnarchte friedlich vor sich hin.
„Perfekt“, flüsterte Felix triumphierend. „Sie schläft tief und fest. Jetzt schnell in die Garage!“
Max war der Erste, der sich in Richtung der leicht geöffneten Garagentür bewegte – naja, „bewegte“ war vielleicht das falsche Wort. Er stolperte mehr. Aufgeregt wie ein Kätzchen an seinem ersten Tag auf der Wiese, trat er auf eine leere Plastikflasche, die mit einem KLONK über den Boden rollte. „Ups“, murmelte er und versuchte, unbemerkt weiterzuschleichen.
„Max!“, zischte Minka entnervt. „Wenn du noch mehr Lärm machst, kannst du gleich ein Schild hochhalten: ‚Achtung, wir sind hier!‘“
„Ich bin leise wie ein Schatten“, flüsterte Max und stolperte prompt über einen alten Eimer.
„Ein sehr lauter Schatten“, murmelte Felix und zog Max weiter Richtung Garage.
Sie betraten den halbdunklen Raum, in dem es nach altem Holz, Farbe und… ja, eindeutig Leckerlis roch! Max schnupperte eifrig. „Da! Ich rieche es! Sie hat wirklich welche!“
Felix stieß einen leisen Jubelschrei aus und begann hektisch, alte Kartons durchzuwühlen. Minka setzte sich genervt auf einen Stapel alter Zeitungen und beobachtete das Chaos mit halb geschlossenen Augen. „Wollt ihr wirklich die ganze Garage durchsuchen, weil ihr glaubt, dass Gertrud eine geheime Leckerli-Fabrik betreibt?“
„Ja!“, riefen Felix und Max gleichzeitig.
„Warte!“, rief Felix plötzlich und zog triumphierend einen Karton hervor, der mit einer alten Decke bedeckt war. „Hier! Seht ihr? Das ist ihr Versteck!“
Max sprang aufgeregt näher und begann, die Decke hektisch zur Seite zu werfen. Darunter lag tatsächlich ein Stapel Katzenspielzeuge, alte Kissen und – und das war der Höhepunkt – eine Kiste voller Leckerlis!
„Ich wusste es!“, kreischte Max vor Freude. „Gertrud hat alles für sich allein behalten!“
Felix schnappte sich sofort eines der Leckerlis. „Wir haben es gefunden! Jetzt gehören sie uns!“
Gerade als sie in ihre Beute beißen wollten, hörten sie ein bedrohliches Räuspern hinter sich. Langsam, sehr langsam drehten sich die drei Katzen um. Dort stand sie. Die große, alte Gertrud. Ihre blauen Augen blitzten und ihre Schnurrhaare zuckten leicht. „Was genau glaubt ihr, was ihr da tut?“, fragte sie mit einem gefährlich ruhigen Ton.
„Äh… wir… wir…“, stotterte Felix und versuchte verzweifelt, das Leckerli hinter seinem Rücken zu verstecken.
„Wir haben nur… überprüft, ob du genug Vorräte hast! Für harte Zeiten, weißt du?“, fügte Max hinzu und versuchte, überzeugend zu wirken, während er immer noch halb im Karton steckte.
Gertrud schnurrte leise – aber nicht das beruhigende Schnurren, das sie manchmal im Schlaf machte. Nein, dieses Schnurren klang eher wie das leise Knurren eines Löwen. „Das sind meine Vorräte“, sagte sie und schritt langsam auf die drei zu. „Und ich teile sie nur, wenn es wirklich nötig ist.“
„Nötig wie jetzt?“, fragte Max hoffnungsvoll und knabberte an einem Leckerli.
Gertrud seufzte und setzte sich auf den Boden. „Ach, ihr jungen Hüpfer. Wisst ihr, warum ich das alles hier versteckt habe? Es ist nicht nur für mich. Es ist für uns alle. Damit wir in schwierigen Zeiten genug haben. Aber jetzt? Jetzt wollt ihr einfach alles auf einmal verputzen.“
Felix, Max und Minka sahen sich schuldbewusst an. „Für uns alle?“, murmelte Felix.
Gertrud nickte weise. „Aber natürlich. Ich teile gern, aber nur, wenn ihr nicht so gierig seid.“
Minka, die bisher die ruhigste war, warf Felix und Max einen strengen Blick zu. „Seht ihr? Gertrud denkt immer an uns.“
„Ja, äh, das wussten wir doch!“, rief Felix schnell. „Wir wollten nur… vorab testen.“
Gertrud schüttelte den Kopf, ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen. „Nun gut, jeder bekommt jetzt ein Leckerli. Aber nur eins! Und dann raus hier, bevor ihr die ganze Garage in Schutt und Asche legt.“
Die drei Katzen schnappen sich ihr Leckerli, dankten Gertrud artig und rannten aus der Garage, als wäre ein wütender Hund hinter ihnen her. Sie saßen keuchend unter einem Busch, kauten glücklich auf ihren Leckerlis herum und sahen sich an.
„Gertrud ist ziemlich cool“, sagte Max und leckte sich die Lippen.
„Ja“, stimmte Felix zu. „Aber nächstes Mal… durchsuchen wir ihr Versteck diskreter.“
Gertrud, die zurück in der Garage saß und die Leckerlis ordentlich in die Kiste zurücklegte, lächelte verschmitzt. „Ach, die Kleinen. Sie lernen es noch.“

